In meinem Buch schreibe ich, dass ich heute möglicherweise nicht selbstständig wäre, wenn meine früheren
Arbeitgeber nicht ihren Teil dazu beigetragen hätten. Ich habe mich menschlich in vielen Vorgesetzten und Wegbegleitern getäuscht. Über die Jahre hatte ich dann so große innere Widerstände gegen
eine Anstellung entwickelt, dass ich für mich keinen anderen Ausweg sah.
Vielleicht erging es Dir schon ähnlich und möglicherweise siehst Du Parallelen in den Punkten, in denen es mir damals am meisten mangelte. Und falls ja, so freue ich mich über einige Minuten
Deiner Aufmerksamkeit.
Zutrauen und Perspektiven
Nach über 20 Jahren Berufstätigkeit weiß ich durchaus, dass ein Unternehmen nur dann erfolgreich sein kann, wenn bestimmten betriebswirtschaftlichen Regeln gefolgt wird. Bekommen Zahlen, Daten
und Fakten jedoch so viel Gewichtung, dass die Mitarbeiter vernachlässigt werden, kippt das Ganze und ein Unternehmen manövriert sich ohne äußeres Zutun in den Ruin.
In meinem Leben sah es so aus, dass ich mich immer schnell in neue Themenfelder einarbeiten konnte. Ich kann Zusammenhänge schnell erfassen, strukturieren und Prognosen bzw. Konsequenzen
ableiten. Doch es wurde mir langweilig, wenn ich zu lange mit den gleichen Sachverhalten zu tun hatte. Ich strebte nach neuen Aufgaben, mehr Verantwortung und Freiraum, um neue Dinge zu
entwickeln. Leider war es mir in den Arbeitsstrukturen und durch die vorgegebenen Stellenbeschreibungen nur sehr eingeschränkt möglich, meine Ideen einzubringen, weiterzuentwickeln und die
Wertschöpfungskette zu verbessern. Die Folge war, dass ich binnen weniger Jahre oft meinen Arbeitsplatz und damit einhergehend ebenso oft mein gesamtes Wirkungsfeld, meinen Arbeitgeber,
wechselte. Es dauerte etwa ein Jahrzehnt, bis sich bei mir eine gewisse Resignation einstellte; bis sich mir die Frage aufdrängte, wie ich jemals mein Potenzial – und das Potenzial meines
Verantwortungsbereiches – entfalten könnte. Ich bekam den Eindruck, dass ich als Angestellte möglicherweise niemals die Ergebnisse hervorbringen könnte, die mich innerlich antrieben, für die ich
mich jenseits von Kriterien wie Gehalt, Position und Status von ganzem Herzen engagieren wollte.
Werte und der Wert des Mitarbeiters
Durch meine Arbeitgeberwechsel habe ich verschiedene Unternehmenskulturen aus nächster Nähe kennengelernt. Eines hatten sie in meiner Wahrnehmung gemeinsam: Sie haben die Mitarbeiter zu wenig als
Menschen gesehen.
Mir ist bewusst, dass niemandem Führungseigenschaften in die Wiege gelegt werden. Als Mutter erlebe ich es jeden Tag, dass man lernen muss, an seinen Aufgaben zu wachsen. Dazu gehört für mich vor
allem die Bereitschaft, sich die Situation, die eigene Haltung und seine Gefühlswelt bewusst zu machen und zu hinterfragen. Die gleiche Grundvoraussetzung sehe ich in der Mitarbeiterführung.
Doch anstelle eines selbstreflektierten Menschen habe ich in einem Fall einen Chef und Inhaber erlebt, der starke cholerische Züge aufwies. Zwischen ihm und mir gab es niemanden, der seine
Wortgewalt mir – und anderen Mitarbeitern – gegenüber hätte abfedern können. Dieser Mann hat mich über Jahre hinweg immer wieder unverhältnismäßig beschimpft, mich für meine Ansichten, Vorschläge
und Eigeninitiative beleidigt und vor anderen gedemütigt. Zwischendurch, in Erfolgsmomenten, war ich sein Darling, bis sich das Blatt wieder wendete. Wie oft bestritt ich meinen Arbeitsweg
morgens mit Bauchschmerzen und abends mit Tränen in den Augen. Ich konnte diesen Menschen trotz aller Mühe nicht einschätzen, nicht davon überzeugen, welche Ziele ich mit meiner Vorgehensweise
erreichen wollte. Ich konnte mich ihm nicht verständlich machen und letztlich auch nicht mehr anvertrauen. Ich zog mich innerlich zurück und reduzierte mein Engagement auf ein Mindestmaß. Dabei
wollte ich im Herzen etwas ganz Anderes.
In der nächsten Position, als rechte Hand vom Chef eines Weltunternehmens, diente ich zweieinhalb Jahre lang, bis ich aufgrund meines Gesundheitszustands eine Auszeit von wenigen Wochen
beantragte. Nach meiner Rückkehr hatte mein Chef nur wenige Worte für mich übrig: Wenn ich nicht sicherstellen könne, wieder meine volle Leistung zu erbringen und mit weiteren Ausfällen zu
rechnen sei, dann könne er meinen Arbeitsplatz nicht für mich freihalten. Dies war mein letzter Tag als Angestellte.
Als Unternehmerin versuche ich heute, die Unternehmensziele klar, transparent und nachvollziehbar zu kommunizieren. Ich hole aktiv Feedback ein – und darüber hinaus weitere Coaches, Berater,
Mentoren und Sparringspartner ins Boot, um mir, meinen Mitwirkenden und selbstverständlich meinen Kunden gegenüber zu jeder Zeit die Ansprüche, Rahmenbedingungen und Perspektiven zu reflektieren
und eine klare Position einnehmen zu können.
Denn ich habe eines gelernt: Du gewinnst nie allein. Jeder Auftrag, jeder Erfolg und jede Weiterentwicklung war und ist mir nur möglich, weil ich von Menschen unterstützt werde, die es gut mit
mir meinen. Die an mich glauben, mir den Rücken stärken, die ich fragen kann und auf deren Meinung ich Wert lege. Ich habe gelernt, zuzuhören und kann auf dieser Vertrauensbasis und mit diesem
Rückhalt gesunde Entscheidungen treffen.
Mit dieser Mission trete ich an: loyal works! Ich weiß genau, dass immer noch viel zu oft in Vorstandssitzungen
und Geschäftsleitertreffen, in Entscheider-Meetings und Personalrunden mit der Loyalität gehadert wird. Denn Loyalität heißt nicht Einseitigkeit, um eine mundtote Schafherde um den Herrscherthron
zu platzieren. Loyalität bedeutet, zum Wohle aller ein Unternehmen aufzubauen, das in Zukunft Bestand haben und erfolgreich sein wird.
Was ich Dir raten kann, wenn Du Dich in einer Anstellung befindest? Achte auf die Unternehmenskultur! Sammle Indizien, die für Offenheit und Ehrlichkeit sprechen und prüfe genau, wie Deine
direkte Vorgesetzte oder Dein direkter Vorgesetzter eingestellt ist: Wie wird mit familiären Verpflichtungen umgegangen? Wie steht Dein Arbeitgeber zu flexiblen Arbeitszeiten und Homeoffice? Sind
allgemein die persönlichen Hintergründe der Menschen in Deinem Arbeitsumfeld bekannt – oder wird strikt zwischen beruflichen und privaten Angelegenheiten getrennt und mit Letzterem hinterm Berg
gehalten?
Wenn Du speziellere Fragen hast und Dir Austausch wünschst, komm gern auf mich zu!
Deine Miriam
Kommentar schreiben